Einführung von Instant Payment - eine wichtige Herausforderung für die zweite Welle der Finanzdienstleister 

Instant Payment steht vor der Tür 

In der schnelllebigen Welt von heute sind Sofortlösungen in den meisten Lebensbereichen Realität. Beim herkömmlichen Zahlungsverkehr hat sicher allerdings die Geschwindigkeit seit vielen Jahren kaum verändert. Die Technologie, um Transaktionen ohne Verzögerung zu ermöglichen, ist mittlerweile vorhanden und wurde von Institutionen und Regulierungsbehörden aufgegriffen, was Verbrauchern und Unternehmen gleichermassen zugutekommen soll.  

In der Europäischen Union ist Instant Payments bereits seit einigen Jahren etabliert, nun bereitet sich auch die Schweiz darauf vor, sich diesem Trend anzuschliessen. Wichtige Meilensteine dabei sind der August 2024 sowie November 2026. 

Die erste Welle von Finanzinstituten in der Schweiz - zu denen hauptsächlich grössere Banken gehören - steht unter Druck, da sie bis August 2024 bereit sein müssen, eingehende Instant Payments zu verarbeiten. Dies markiert den Beginn eines bedeutenden Wandels in der Finanzlandschaft der Schweiz. Andere Banken, die zur zweiten Welle gehören, haben bis November 2026 Zeit, sich vorzubereiten. Dieser stufenweise Ansatz stellt sicher, dass alle Finanzinstitute ausreichend Zeit haben, um die notwendigen Systeme und Prozesse anzupassen und zu integrieren. 

Instant Payments sind mehr als nur "schnellere Pferde" 

Auf den ersten Blick mag der Instant Payment wie eine einfache Beschleunigung bestehender Prozesse erscheinen. Diese Sichtweise vernachlässigt jedoch die tiefgreifenden Veränderungen, die zur Unterstützung eines solchen Systems erforderlich sind, oder unterschätzt sie zumindest. Die Umstellung auf Instant Payments erfordert eine umfassende Neugestaltung des Zahlungsverkehrs, die jeden Aspekt des Betriebsmodells berührt. 

Die unmittelbarste Auswirkung ist die Notwendigkeit einer ständigen Verfügbarkeit der Systeme und Dienstleistungen, auch in der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen. Dieses 24/7-Betriebsmodell stellt traditionelle Bankabläufe auf den Kopf und erfordert eine robuste, hochverfügbare Infrastruktur. Instant Payments bedingen auch sofortige Prüfung der Transaktionen, so dass kein Raum für eine erneute Prüfung von Grenzfällen bleibt. Dies kann zu einer höheren Ablehnungsquote führen. Darüber hinaus entfallen bei der kontinuierlichen Zahlungsverarbeitung die Zeitfenster für die Stapelverarbeitung, die normalerweise für die Reconciliation am Tagesende verwendet werden. Das Gleiche gilt auch für andere Verfahren, die in regelmässigen und manchmal umfangreichen Zeitfenstern durchgeführt wurden, wie z. B. Zinsberechnungen (z.B.  zum Monats-, Quartals- oder Jahresende).  

Eine grosse Sorge bezüglich des neuen Modells betrifft das Potenzial für neue Arten von betrügerischem Verhalten. Die Geschwindigkeit der Transaktionen könnte zum Beispiel Intraday-Money-Mule-Systeme erleichtern und das Aufspüren illegaler Gelder erschweren. Daher müssen die Finanzinstitute eine neue Generation von Betrugserkennungssystemen einführen, um diese Risiken im Griff zu behalten. 

Ein neues Betriebsmodell für Instant Payments 

Die Umstellung auf den Instant Payment Zahlungsverkehr erfordert eine vollständige Überarbeitung des Betriebsmodells in mehreren Dimensionen, einschliesslich Leistungsfähigkeit (der Systeme), deren Überwachung, die dazugehörigen Prozesslandschaften, Technologien und Beschaffung. Ebenso werde neue Anforderungen an die Fähigkeiten der Mitarbeiten, Organisation und Steuerung (Governance) sowie Leistungsmanagement gestellt. 

Leistungsmodell 

Die Geschwindigkeit des Zahlungsverkehrs muss erhöht werden, um sicherzustellen, dass Transaktionen innerhalb der maximalen Spanne von 10 Sekunden abgeschlossen werden. Dazu müssen die Prozesse optimiert und - um auf Nummer sicher zu gehen - parallelisiert werden, um die strengen Zeitvorgaben einzuhalten. Idealerweise werden auch Zeitpuffer in den Prozessen geschaffen, die auch bei geringfügigen Abweichungen vom Standardzeitrahmen erfolgreiche Zahlungen ermöglichen. Zudem muss eine sofortige Rückmeldung an den Zahlenden und eine 24/7-Erreichbarkeit für alle Instant-Payment Anbieter in der Schweiz gegeben sein. 

Prozesslandschaft 

Settlement Prozesse werden nun gleichzeitig mit der Zahlungszustellung stattfinden, was eine Überarbeitung der traditionellen Clearingmethoden erfordert. Es müssen Echtzeit-Clearingverfahren eingerichtet werden, um eine ständige Verfügbarkeit der Kommunikation zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen Zahlungen in Echtzeit geprüft werden, wobei Grenzfälle in eine Whitelist aufgenommen werden, um Störungen zu minimieren. Ein effektives und effizientes Whitelisting setzt voraus, dass der Screening-Prozess in einen "Lernmodus" versetzt wird, um wiederholte Fälle von ähnlichen falsch-positiven Treffern zu vermeiden und ungerechtfertigte Ablehnungen von Transaktionen zu reduzieren.   

Technologie 

Eine hohe Verfügbarkeit der Konnektivität sowie anderer Systeme ist für die Unterstützung eines kontinuierlichen Betriebs von entscheidender Bedeutung. Das schliesst die Notwendigkeit von Systemen ein, die Aktualisierungs- und Upgrade-Zyklen ohne Unterbrechungen unterstützen. Neben der Verfügbarkeit ist auch eine niedrige Latenzzeit für Bereiche wie das Sanktionsprüfungssystem wichtig, um Verzögerungen zu vermeiden. Auf der Backend-Seite ist die reibungslose Integration mit Kernbankensystemen essentiell, um einen nahtlosen Betrieb zu gewährleisten. Auf der anderen Seite müssen auch die Frontends für die Nutzenden aktualisiert werden, um aktuelle Statusabfragen und Bestätigungen in einem Echtzeit-Zahlungsablauf zu unterstützen.  

Qualifikation und Beschaffung 

Die Anpassung der Prozesse und die Erfüllung der neuen Anforderungen setzt hochqualifizierte Arbeitskräfte voraus. Die Vorabklärungskompetenzen der Mitarbeiter und das Verständnis der Zahlungsmuster und -nutzer sind von wesentlicher Bedeutung. Die Verwaltung und Wartung von Hochverfügbarkeitsumgebungen erfordern darüber hinaus spezifische technische Kenntnisse und Ressourcen. 

Organisation und Steuerung (Governance) 

Zur Bewältigung der neuen Prozesse müssen Kompetenzen im Bereich Whitelisting und Governance aufgebaut werden. Ein 24/7-Kundensupport ist unerlässlich, um alle Probleme zu lösen, die ausserhalb der üblichen Arbeitszeiten auftreten. Entscheidend ist auch, dass Spezialfälle innerhalb der Compliance Vorgaben bearbeitet werden. Ebenso sollte die IT-Abteilung die Führung für wichtige Teile der Einführung des Instant Payments Systems übernehmen können. 

Leistungsmanagement 

Das Verfügbarkeitsmanagement muss Vorrang vor anderen Anforderungen haben, um die notwendige Systemverfügbarkeit zu gewährleisten. Um das Vertrauen und die Zuverlässigkeit aufrechtzuerhalten, ist ein effektiver Umgang mit falsch-positiven und falsch-negativen Screenings erforderlich. Die Einhaltung der Geschwindigkeit, sowohl in Bezug auf die durchschnittliche als auch die maximale Transaktionszeit, und die Überwachung der Nutzungsrate sind wichtige Leistungsindikatoren sowohl auf technischer als auch auf fachlicher Seite. 

Zu bewältigende thematische und zeitkritische Herausforderungen 

Der Übergang zu Instant Payments bringt mehrere Herausforderungen mit sich, die sorgfältig geplant und verwaltet werden müssen. Die Orchestrierung des End-to-End-Prozesses ist von entscheidender Bedeutung und erfordert ausgiebige Tests und Zeit für die Lösung komplexer Probleme. Die Implementierung der tiefgreifenden Systemänderungen, die für Sofortzahlungen erforderlich sind, ist keine Kleinigkeit, und die Bewältigung von Engpässen bei den Anbietern, wenn die Fristen näher rücken, stellt eine weitere Schwierigkeit dar. 

Den Ball der ersten Welle aufgreifen und Fallstricke vermeiden 

Die Lehren, die aus der ersten Welle von Banken gezogen werden, können anderen Finanzdienstleistern den Übergang erheblich erleichtern. Die erfolgreiche Einführung von Instant Payments hängt von drei Grundprinzipien ab: Vorausplanung, intensive und wiederholte Tests sowie eine gründliche Validierung. 

Vorausschauend planen 

Es ist wichtig, die verfügbare Zeit klug zu nutzen und den Anschluss an die SIC-IP Plattform lange vor dem Stichtag zu planen. Es ist von entscheidender Bedeutung, für alle denkbaren Szenarien, die sich aus Instant Payments ergeben, zu planen und sich darauf vorzubereiten. Das Einbeziehen externer Perspektiven, sei es von internen Mitarbeitern, die nicht mit dem Thema vertraut sind, oder von externen Beratern, kann wertvolle Einblicke liefern. Die Planung und Gestaltung von Schulungsprogrammen für die Mitarbeitenden im Voraus sind notwendig, um die Bereitschaft der Organisation sicherzustellen. Die Verfügbarkeit der erforderlichen Ressourcen, einschliesslich der (Software-) Anbieter und Testpartner, ist ebenfalls entscheidend. Die Nutzung bestehender Lösungen und der Erfahrungen aus der ersten Welle, z. B. die Verwendung von zwei Geldkonten für das Settlement und das Verständnis der Valuta- und Buchungsdaten, kann den Prozess vereinfachen. 

Ausgiebig testen 

Für gründliche und effiziente Tests ist es wichtig, alle Anwendungsfälle im Voraus zu definieren und detailliert zu beschreiben. Für die SIC-Tests können virtuelle Konten verwendet werden, und die Testprotokolle sollten schon früh im Prozess mit den Partnern abgestimmt werden. Das Testen aller Spezialfälle, einschliesslich verschiedener Tageszeiten und Namensformate, ist von entscheidender Bedeutung. Dazu gehört auch die Bewertung der Leistungsfähigkeit unter verschiedenen Systembedingungen, von voller Leistung bis zum Leerlauf, um die Zuverlässigkeit unter allen Umständen zu gewährleisten. 

So viel wie möglich validieren 

Die anfänglichen Produktionsphasen zur umfassenden Validierung der Ergebnisse sind der Schlüssel zur Gewährleistung der Systemfunktionalität. Die Überwachung und Validierung von Verhaltensweisen und Interventionen hilft dabei, etwaige Diskrepanzen zu erkennen und diese umgehend zu beheben. 

Fazit 

Die Einführung von Instant Payments in der Schweiz ist ein entscheidender Schritt nach vorne. Auch wenn der vor uns liegende Weg eine Herausforderung darstellt, können sorgfältige Planung, gründliche Tests und kontinuierliche Validierung einen reibungslosen Übergang gewährleisten. Wenn die Finanzinstitute von der ersten Welle der Einführung lernen und häufige Fallstricke vermeiden, können sie nicht nur die gesetzlichen Fristen einhalten, sondern auch ihren Kunden ein schnelleres und effizienteres Zahlungserlebnis bieten.  

Um diesen Einführungsprozess zu vereinfachen, hat t'charta eine Checkliste für alle Banken der zweiten Welle zusammengestellt, welche die bisher erworbenen Erfahrungen abbildet. Die Checkliste kann als wertvolle Orientierungshilfe dienen und ist als kostenloser Download unter tcharta.com verfügbar. 

Zurück
Zurück

Sind wir fit für wertorientiertes Produktmanagement?

Weiter
Weiter

Die Kunst der Lieferantenverhandlungen