Logbuch Dennis Flad Logbuch Dennis Flad

Hat Instant Payment einen Business Case? Aber sicher.

Instant Payment ist aktuell das grosse Thema in der Zahlungsverkehr-Community. Nächstes Jahr ist es so weit: Das Instant Payment Verarbeitungssystem der Schweizerischen Nationalbank (SNB) geht live. Auf diesem neuen Verfahren werden Zahlungen zwischen den Schweizer Banken innerhalb von 10 Sekunden von Kundenkonto zu Kundenkonto abgewickelt, während 24 Stunden und 7 Tage die Woche. In einer …

Instant Payment ist aktuell das grosse Thema in der Zahlungsverkehr-Community. Nächstes Jahr ist es so weit: Das Instant Payment Verarbeitungssystem der Schweizerischen Nationalbank (SNB) geht live. Auf diesem neuen Verfahren werden Zahlungen zwischen den Schweizer Banken innerhalb von 10 Sekunden von Kundenkonto zu Kundenkonto abgewickelt, während 24 Stunden und 7 Tage die Woche.

In einer ersten Phase wird Instant Payment als Subsystem des heutigen Realtime Gross Settlement Systems (RTGS) der SNB betrieben, welches, wie es der Name sagt, heute auch Kundenzahlungen in Echtzeit abwickelt, und dies während 23.5 Stunden und 5.75 Tage die Woche. Daneben gibt es auch noch mobile Zahlsysteme wie TWINT & Co. oder die Debitkarten von Mastercard und Visa, welche alle ebenfalls Zahlungen in Echtzeit abwickeln.

Kein Wunder, dass sich einige Mitglieder der Community offen fragen, ob es ein neues Instant Payment System überhaupt braucht. Wer wird es benutzen bei so vielen Alternativen? Und wenn ja, bekommt das System überhaupt genügend Volumen, um die millionenschweren Investitionen des Finanzplatzes zu refinanzieren? Ich finde die Diskussion etwas uninspiriert: Wenn eine Technologie ermöglicht, bestehende Dienstleistungen noch schneller, bequemer und freier von Ort- und Zeitrestriktionen zu machen, dann sollte man die Chance packen und sein Kundenangebot überdenken und perfektionieren.

Instant Payment ist zu langsam

Viele Skeptiker von Instant Payment bringen an, dass Instant Payment zu langsam ist. Sie haben recht. Eine Zahlung mit einer Debitkarte oder TWINT dauert einen Bruchteil der 10 Sekunden, welche eine Instant Payment Zahlung dauert. In weniger als einer Sekunde ist die Autorisation der Zahlung beim Zahlungsempfänger - inklusive Zahlungsgarantie. Kein Mensch wird 10 Sekunden an der Supermarktkasse warten, bis die Zahlung bestätigt ist.

10 Sekunden sind in der Point-of-Sales (POS) und E-Commerce Zahlungswelt eine Ewigkeit. Instant Payment wird dort der Debitkarte oder TWINT nicht das Wasser reichen können. Wo liegt also der Business Case für Instant Payment? Hierzu muss man das Zahlverhalten der Schweizer aus der Rechnungssteller-Sicht betrachten. Eine t'charta Analyse basierend auf Zahlen der SNB, der SIX und TWINT zeigt, dass die klassische Überweisung, der Credit Transfer, mit fast 40% immer noch das häufigste Zahlungsmittel in der Schweiz ist. Mit ihr werden Mobilabonnemente, Versicherungsprämien, Mieten, Gewerberechnungen, Löhne oder Lieferanten bezahlt.

Die Überweisung ist ein sogenanntes «Deferred Payment»: Die Zahlung durch den Zahler geschieht zeitverzögert zur Präsentation des geschuldeten Betrages durch den Rechnungssteller. Zeitverzögert heisst, dass der Rechnungssteller während der Zeit, in welcher er auf sein Geld wartet, Kosten hat:

  • Mahnkosten

  • Delkrederekosten

  • Finanzierungskosten

  • Unproduktives Working Capital

Der IP Business Case heisst "Working Capital Optimierung"

Vor allem das Ausbleiben des Working Capitals ist ein Kostentreiber, der sich durch ein steigendes Zinsumfeld noch verstärkt. Während der Rechnungsteller 30 und mehr Tage auf das Bezahlen der Rechnung wartet, läuft sein operativer Betrieb weiter. Diesen Betrieb muss er vorfinanzieren, was Kapitalkosten von rund 12 Basispunkten für ihn bedeuten. Noch schlimmer, während das Geld beim Zahler verweilt, arbeitet es nicht für den Zahlungsempfänger. Es schöpft keinen Wert.

Wenn zum Beispiel nur die Hälfte seiner Kunden umgehend - also instant - statt mit 30 Tagen Verzögerung bezahlen würden, könnte der Rechnungssteller mit dem Geld während 15 Tagen mehr Marge generieren. Das macht schnell einen Ertrag von 30 Basispunkten. Genau hier ist der Business Case für Instant Payment versteckt: Nicht beim Konsumenten, sondern beim Rechnungssteller.

Instant Payment braucht Zahlmittel ohne Änderungsoptionen

Mit Instant Payment kann der Rechnungssteller Working Capital Kosten sparen. Die Voraussetzung ist, dass er den Kunden motivieren kann, ein Zahlungsmittel zu verwenden, welches automatisch zu einem Instant Payment führt. Das klassische Online-Banking, mit dem heute fast alle Rechnungen gezahlt werden, greift hier zu kurz. Der Konsument kann bei Online Banking Überweisungen das Ausführungsdatum der Zahlung jederzeit verändern. Das macht Frau und Herr Schweizer auch, um ihre eigene Zinsfunktion zu verbessern.

Das Instant Payment System der SNB muss also hinter Zahlungsmittel gehängt werden, welche QR-Rechnungen scannen können und eine Abänderung der Valuta nicht erlauben. TWINT wäre dafür natürlich prädestiniert. Auch eBill könnte man um eine Instant Payment Variante erweitern. Selbst in Wallets hinterlegte Debit- oder Kreditkarten - Stichwort Viseca One App - könnten Instant Payments bei der Bezahlung von QR-Rechnungen auslösen.

Request-to-pay als Ansatz - vor allem im Business-to-Business

Eine weitere Möglichkeit wäre ein Nachfolgeprodukt der Lastschrift auf Basis des in Europa bekannten Request-to-Pay Ansatzes. Dabei avisiert der Rechnungssteller den Zahler zum Beispiel via dem Mobile Banking der Bank, dass er einen offenen Rechnungsbetrag einfordert, und der Zahler gibt diesen mit einem Swipe als Instant Payment frei. Oder das Instant Payment wird, wie bei der Lastschrift, bei wiederkehrenden Zahlungen oder Abonnenten automatisch belastet. Ein solches Verfahren wäre auch im gewerblichen Zahlungsverkehr willkommen, wo das Working Capital Problem noch ausgeprägter ist. Dort sind die Rechnungsbeträge zwischen Lieferanten und Käufern noch höher und die Zahlungsfrist mit 45 Tagen und mehr noch länger.

Nach t'charta Schätzungen sind für Banken und Rechnungssteller durch diese Fristverkürzungen bei Rechnungszahlungen jeweils Erträge bzw. Einsparungen von je 20 Basispunkten möglich. Dies scheint wenig, ist aber im Vergleich etwa das, was eine kartenherausgebende Bank an einer Debitkarten-Transaktion (noch) verdient.

Mehrere Zahlmittel schlank ans Instant Payment System bringen

Damit die Banken an Instant Payment etwas verdienen, müssen sie die Verarbeitungsketten von Instant Payments möglichst schlank gestalten. Drittparteien wie Acquirer, Kartennetzwerke oder Original Equipment Manufacturer (OEM) von Mobiltelefonen, welche heute an Kartentransaktionen mitverdienen, müssen auf ein Minimum reduziert werden. Wie bei der klassischen Überweisung müssen die Banken Rechnungssteller und Zahler direkt zusammenbringen. Übersteigen nämlich die Kosten für eine Instant Payment Transaktion die Einsparungen im Working Capital Management, wird die Lösung kein Rechnungssteller adaptieren.

Je mehr Zahlmethoden den Use Case «Rechnungen zahlen» neu unterstützen und an das Instant Payment System der SNB angebunden werden, desto besser. Die Konkurrenzsituation führt zu optimaleren Preisen und effizienteren Abwicklungen, auch wenn heute alle wichtigen Zahlmittel von den Schweizer Banken kontrolliert werden.

Für mich lässt sich die Frage, ob Instant Payment einen Business Case hat, mit einem klaren «Ja» beantworten. Der Case liegt nicht im Ersetzen von heutigen Zahlmitteln am Point-of-Sale oder E-Commerce, er liegt in der Optimierung des Working Capital Managements für den Rechnungssteller. Damit dies gelingt, müssen verschiedene Zahlmittel ausserhalb des klassischen Online-Banking den Use Case «Rechnungen zahlen» aufnehmen - mit oder ohne QR-Code scannen - und für den Rechnungssteller als Instant Payment abwickeln. Die Banken müssen dabei aber auch wieder stärker das Ruder übernehmen, und ihre Firmenkunden mit «Deferred Payment»-Geschäftsfällen direkter und nicht über intermediäre Drittparteien bedienen. Instant Payment erfüllt digitale Imperative «Wherever, Whenever, However» und daraus lässt sich immer ein perfektioniertes Kundenangebot der Banken für die Rechnungssteller schaffen.

Weiterlesen
Logbuch Dennis Flad Logbuch Dennis Flad

Plattform versus Netzwerk: Welches ist das bessere Geschäftsmodell?

Kürzlich führten wir eine Diskussion im t’charta Team, welches Geschäftsmodell die perfekteren Kundenangebote liefert: Plattformen wie Uber, Amazon & Co. oder Geschäftsmodelle nach der Netzwerkphilosophie? Das Team war zweigeteilt. Während die einen die Effizienz und standardisierte User Experience von Plattformen als wichtige Vorteile von Plattformen sahen, hoben die anderen strategische Sicherung der Markteffizienzen durch Netzwerke …

Kürzlich führten wir eine Diskussion im t'charta Team, welches Geschäftsmodell die perfekteren Kundenangebote liefert: Plattformen wie Uber, Amazon & Co. oder Geschäftsmodelle nach der Netzwerkphilosophie? Das Team war zweigeteilt. Während die einen die Effizienz und standardisierte User Experience von Plattformen als wichtige Vorteile von Plattformen sahen, hoben die anderen strategische Sicherung der Markteffizienzen durch Netzwerke heraus. Letzteres ist ein interessanter Gedankengang: Welches Modell führt zur ökomischen Nachhaltigkeit?

Traditionell arbeiteten Unternehmen entlang linearer Wertschöpfungsketten. Die Kette vom Produzenten zum Endkunden erfolgt Schritt für Schritt, beginnend mit dem Produktdesign, gefolgt von der Herstellung und dem Vertrieb über Kanäle wie Grosshändler, Einzelhändler, Lizenznehmer oder Agenten bis hin zum Endkunden.

Das Problem bei solchen linearen Geschäftsmodellen ist, dass es Intermediäre und Gatekeeper gibt. Diese kontrollieren den Kanal zum Endkunden, was Produkte und Dienstleistungen teurer macht.

Intermediäre treffen eine Vorauswahl an Produkten und Dienstleistungen für ihre Kunden und bestimmen die Art der Präsentation und des Verkaufs der Produkte in ihren Verkaufsstellen. Im schlimmsten Fall schotten sie ihre Kanäle und Märkte für kosteneffiziente, aber margenschwachen Produkte ab und halten den Endkunden Innovationen vor.

Plattformen: Neue Intermediäre und Gatekeeper

In den letzten Jahren sind immer mehr neue Unternehmen auf den Markt gekommen, welche nach einem alternativen Geschäftsmodell zur linearen Wertschöpfungsketten arbeiten: Die Plattformen.

Plattformen verbinden verschiedene Marktteilnehmer - Hersteller, Dienstleister, Lieferanten, Händler und Verbraucher - miteinander, ermöglichen den Austausch von Waren, Dienstleistungen oder Rechten direkt zwischen den Marktteilnehmern. Uber, Airbnb, Alibaba, Amazon und viele mehr sind allesamt plattformbasierte Geschäftsmodelle. Sie bieten eine superbequeme User Experience und gewährleisten eine konstante Servicequalität. Und sie eliminieren Intermediäre in Verkaufsketten, was zu mehr Markteffizienz und Transparenz führt. Kurz gesagt, Plattformen übertreffen die linearen Wertschöpfungsketten und sind deshalb so erfolgreich.

Plattformen werden leider immer mehr zu dem, was sie eigentlich eliminieren wollten: Sie werden die neuen Intermediäre. Einige der erfolgreichsten Plattformen zeigen bereits heute ein monopolistisches Verhalten. Amazon zum Beispiel betreibt eine Plattform für Dritthändler. Deren Anteil am E-Commerce Umsatz von Amazon ist von 3 % im Jahr 1999 auf 53 % (oder 117 Mrd. USD) im Jahr 2022 gestiegen. Dies beweist, dass Amazons Plattform ein effizienter und bequemer Kanal für etwa 2 Millionen kleine und mittlere Händler ist.

Im Jahr 2019 haben aber verschiedene europäische Wettbewerbsrechtskommissionen, darunter Deutschland, Österreich, Italien und die EU-Kommission selbst, Untersuchungen gegen Amazon wegen Ausnutzung der Marktmacht eröffnet. Die Untersuchung der EU stellt in diesem Rahmen fest, dass Amazon mit der Nutzung «von den nicht-öffentlichen Geschäftsdaten der Marktplatzverkäufer zur Kalibrierung seiner Einzelhandelsentscheidungen den fairen Wettbewerb auf seiner Plattform verzerrt und einen wirksamen Wettbewerb verhindert.»

Die Untersuchung wurde im Dezember 2022 mit einer Verbindlichkeitserklärung von Amazon geschlossen. Amazon erklärte darin, keine nicht-öffentliche Geschäftsdaten aus Aktivitäten von Dritthändlern von seinem Marktplatz zu beziehen und daraus Schlussfolgerungen für sein eigenes Handelsgeschäft abzuleiten. Dieses Beispiel zeigt gut, in welche Dilemmas plattformbasierte Geschäftsmodelle kommen können.

Aufbruch in Neuland: Von Plattformen zu Netzwerken

Eine Antwort auf das Dilemma der marktbeherrschenden Plattformen ist, die Anbieter zu zwingen, sich in zwei unabhängige Geschäftseinheiten zu teilen: Eine für den operativen Betrieb der Plattform und eine für das Handelsgeschäft. Diese ist eine vorherrschende Präferenz der Regulatoren.

Eine andere Lösung ist, das Geschäftsmodell der dominierenden Plattformen in ein Netzwerkmodell mit einer Multi-Party-Governance umzuwandeln. Wie Plattformen ermöglichen Netzwerke Verkäufern mit Käufern direkt zu interagieren und digitalisierte Informationen, Waren, Dienstleistungen, Vermögenswerte und Rechte direkt - peer-to-peer - auszutauschen, doch dies mit drei kleinen, aber feinen Unterschieden:

  1. Netzwerke werden von den teilnehmenden Mitgliedern operative und technologisch selbst betrieben. Jeder Teilnehmer hat eine Schnittstelle - ein sogenannter Nod - in das Netzwerk, womit ein zentraler Datenhub wie bei Plattformen obsolet werden.

  2. Transaktionen auf dem Netzwerk müssen gemäss einem von den Teilnehmern standardisiertem, mathematischen Algorithmus abgewickelt und vertrauenswürdig ihre Echtheit, Richtigkeit und Finalität geprüft werden. Die Transaktion-Logs werden anschliessend dezentral gespeichert und können nicht zentral analysiert, attackiert oder manipuliert werden.

  3. Auch die Governance eines Netzwerks eine gemeinsame Aufgabe der Teilnehmer. Standardisierung und rechtliche Regeln werden gemeinsam vorangetrieben und verabschiedet, während auf einer Plattform die gesamte Macht bei einem Anbieter liegt.

Nachhaltige Markteffizienz

Es ist der alte (oder auch aktuelle) Kampf von demokratischen gegen autokratische Marktsysteme. Autokratische Plattformen sind schnell und effizient beim Schaffen einer konstanten Dienstleistungsqualität, streben aber immer nach Skalen und Marktdominanz. Während demokratische Netzwerke zu einem effektiveren und faireren Marktmodell führen, aber sehr schwerfällig bei der Einigung auf Standards und ein gemeinsames Kundenerlebnisses sind.

Die Frage, welches Geschäftsmodell zum perfekteren Kundenangebot führt, kann wahrscheinlich gar nicht beantwortet werden. Aber die Frage, welches Geschäftsmodell nachhaltig zu freien und effizienten Märkten führt, lässt sich meiner Meinung nach eindeutig beantworten.

Weiterlesen

Erfahren Sie mehr.

Wenn Sie mehr erfahren wollen oder mit uns einen ersten Termin vereinbaren wollen, füllen Sie bitte das Kontaktformular aus. Wir werden uns baldmöglichst bei Ihnen melden.